Veranstalter: Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und dem Zentrum für Sprachbildung (ZeS). 02.11.2019, Berlin-Mitte
Thema der Tagung sind die Herausforderungen, die mit dem Übergang von der Kita in die Schule und mit dem Übergang von einer Willkommens- in eine Regelklasse verbunden sind.
Ziel ist es, eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen von der Wissenschaft an die Politik zu übermitteln. Diese Handlungsempfehlungen werden am Ende der Tagung mit VertreterInnen der Politik (Bildungspolitische Sprecher von Parteien) diskutiert.
Einleitende Worte gab es unter anderem von Katarina Niewiedzial (Beauftragte für Integration und Migration des Landes Berlin, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales). Sie hob ihr besonderes Intresse für ein durchgängiges Mehrsprachigkeitskonzept und eine Verknüpfung mit der Lebenswelt hervor. Mehrsprachigkeit sei das verbindene Element für den Aufbau von Communities. Dabei können Elternarbeit, die ausserschulische Anknüpfung und die Arbeit von Migrationsorganisationen ein neues Bewusstsein in die Öffentlichkeit tragen. Dies wird von Frau Niewiedzial als zentral für die Möglichkiet der Teilhabe angesehen. Deutsch lernen ist nicht mit Mehrsprachigkeit gleichzusetzen. Die Ursprünge müssen mit eingebunden werden. So sprechen 51% der Kinder unter 6 Jahren in Berlin zuhause nicht Deutsch als Hauptsprache. Hier sei eine ganzheitlichere Betrachtung und Wertschätzung der Ressourcen nötig. Sie bietet einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs an und ist offen für Projekte.
Teilnehmen werden WissenschaftlerInnen, EntscheidungsträgerInnen, LehrerInnen und weitere pädagogische Fachkräfte sowie PolitikerInnen. Erkenntnisse aus der Forschung und aus der Praxis sollen eng miteinander verzahnt werden.
‘Übergänge aus der Perspektive von Schülerinnen gestalten’, ein Vortrag von Prof. Ohm zeigte auf, wie belastet Interviewformate von Geflüchteten aufgrund von behördlichen Erfahrungen wahrgenommen werden können. Er zeigte Beschulungsmodelle (Vorbereitungsklasse/Regelklasse) auf und SchülerInnen-Profile, deren unterschiedliche Praktiken des Lernens, Erwartungen an die Schule und den Unterricht. Zweitsprache wir beim soziokulturellen Ansatz als soziales Phänomen behandelt und nicht als sprachliches Mittel, im Sinne einer Bildungssprache, reduziert. “Sprachliches Handeln braucht den Körper. Eine Aneignung erfolgt durch soziales Handeln, nicht im Kopf” (Prof. Dr. Ohm, Vortrag). Handlungsempfehlung: DaF-Lehrkräfte in koordinierender Funktion ausbilden, unterstützend auch in Regelklassen einsetzen.
‘Best Practices der (Sprach-)Bildung für SeiteneinsteigerInnen’, von der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli, gab wertvolle Handlungsempfehlungen, insbesondere die Bedeutung der Begleitung und Übergange gestalten als Schulentwicklungsprozess. Individualisiertes Lernen durch Lernplattformen.
‘Gleichberechtige Teilhabe in einer Schule für alle’, ein Beitrag von Guido Siegel, WK-Lehrkraft in Berlin, zeigte Schwierigkeiten und Forderungen auf.
Bei der abschliessenden Diskussion der Handlungsempfehlungen hoben die bildungspolitischen Sprecher u.a. hervor: es fehle bei den Handlungsempfehlungen an nichts und die Rolle von Wissenschaft, Praxis und Politik für Kooperationen zu verdeutlichen (Lasic, SPD), den Nutzen der evidenzbasierten Entwicklung, um die frühkindliche Bildung mehr zu fördern und einen Paradigmenwechsel im Kopf stattfinden zu lassen (Remlinger, Bündnis 90/Die Grünen) sowie noch viel mehr zu diskutieren (Kittler, Die Linke). Eine Ergänzung aus dem Publikum zeigte die Bedeutung der Schaffung von ausserschulischen Kontaktpunkten auf.
Ein weiterer Hinweis kam aus dem Publikum, dass der erwähnte Paradigmenwechsel als Handlungsempfehlung im größeren Zusammenhang gesehen werden kann. Die Handlungsempfehlungen können den Orientierungsrahmen für Globale Entwicklung berücksichtigen und anstelle einer kausalen Lösungsfindung, visionszentriert mit der vorhandenen Komplexität netzwerkbasiert umgehen. Dabei können wesentliche Hebelwirkungen ausgehen durch eine Wertschätzung von Vielfalt (hier Mehrsprachigkeit), Potentialen der Vernetzung durch Digitalisierung und mit Ausrichtung auf die Umsetzung der 17 Global Goals. Frau Remlinger nahm dies als “exzellente Idee” auf, um einen gemeinsamen Bezugsrahmen zu setzen und den nationalen Aktionsplans (BNE – Bildung für Nachhaltige Entwicklung) einzubinden. Sie wies auf die bindene Wirkung des neuen Rahmenlehrplans für Berlin hin, der BNE bei der Konzeption verpflichtend berücksichtigt und eine “Vision aufmacht”.
Eingeladene SprecherInnen aus der Wissenschaft sind unter anderem PD Dr. Natalia Gagarina, Dr. Erkan Gürsoy, Prof. Dr. Udo Ohm, Dr. Karin Madlener und Prof. Dr. Andrea Ender. Zusätzlich bringen PraktikerInnen ihre Expertise durch Impulsstatements ein.
Stefanie Remlinger (MdA, Sprecherin für berufliche Bildung und Haushaltspolitik, Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Maja Lasić (MdA, Bildungspolitische Sprecherin, SPD), Regina Kittler (MdA,Bildungspolitische Sprecherin, Die Linke).