Das Thema Essen ist eines der wichtigsten Themen in der Zeit in der wir leben. Wie wir Lebensmittel produzieren und sie konsumieren, beeinflusst unsere Gesundheit, unseren näheren Lebensraum und Zusammenhänge auf dem gesamten Planeten. Gleichzeitig ist die Chance zum positiven Wandel bei nur wenigen Themen so individuell beeinflussbar. Grundlegende Umweltprobleme haben bisher noch zu wenig Einfluss auf das Verhalten im Alltag. Aktionspläne zur Umsetzung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, wie die Global Goals sind immer noch nur unzureichend bekannt. Jede von uns kann mit jeder Mahlzeit die sie zu sich nimmt, oder mit wenigen Klicks im Netz zu einem bestimmten Produkt, eine Entscheidung treffen. Die Auswirkungen solcher Entscheidungen auf unsere Lebensqualität durch Solidarität, Mitgefühl mit anderen Lebewesen, Wohlwollen gegenüber anderen Menschen, der Blick auf unsere Umwelt und der Umgang mit ihr- die Auswirkungen auf unser Glücksempfinden sind unmittelbar spürbar.

Die Ströme von Menschen, die Ihre Heimat verlassen müssen, weil auch das Konsumverhalten jedes Einzelnen direkten Einfluss hat auf Marktstrategien, werden in den uns bevorstehenden Jahren eher zunehmen als abnehmen. Die Integration von Neuankömmlingen in Europa und Deutschland stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen: Durch fehlende Anbindungen von Zuwanderern an die Nachbarschaft und durch sprachliche, soziale und kulturelle Barrieren können Isolation, Bildungsdefizite und sozialer Unfieden entstehen.

Themen unserer Zeit die Generation iTrust mit dem Projekt Kiezrebellen ” we feed the world” in Berlin in 2020 verbinden wollte. Wir möchten Orientierung zum Wandel in der Gesellschaft geben und Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe aufzeigen.
Dabei arbeitet der Verein gemäß dem Ansatz der kommunalen Bildungslandschaft mit Nachbarschaftstreffs, Stadtteilzentren, Schulen, Flüchtlingsunterkünften, Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung und mit Initiativen zur Resozialisierung. Bei dem Modellprojekt KiezRebellen haben wir von Anfang 2019 bis Ende 2020 in Berlin, im Bezirk Pankow u.a. mit einem gut vernetzten und renommierten Nachbarschaftstreff, dem SprachCafe Polnisch und mit dem Carl v. Ossietzky Gymnasium zusammengearbeitet. Seit 2020 arbietn wir auch mit der KulturMarktHalle und der Gustave-Eiffel-Schule. Hier folgen einige EIndrücke:

Schülerinnen aus Willkommensklassen fehlt es oft an passenden Lernstrategien und der Infrastruktur einer geborgenen Lernumgebung. Häufig leben Jugendliche auch in Deutschland in Wohnheimen in überfüllten Räumen, und zu Zeiten der Pandemie zusätzlich unter komplizierten Auflagen. Sie haben wenig Ruhe und kaum Möglichkeiten, soziale Kontakte zu Menschen aus der Umgebung aufzubauen. Der Stadtteil oder Kiez wird als Voraussetzung für das Projekt in Berlin als städtische Abbildung eines Dorfes betrachtet. Zuwanderer kommen oft aus ländlichen Siedlungsstrukturen in ihrer Heimat. Die Erfahrung des Familienzusammenhalts, des Anbaus und der Verarbeitung von Lebensmitteln wollten wir als verfügbare persönliche soziale Ressource gemeinsam mit Ihnen neu entdecken. Aus Interessen im Bereich Ernährung und Konsumverhalten, erarbeiteten wir spielerisch und digital gemeinsam offene Formate.
Um auf die vielfältigen Möglichkeiten der Teilhabe und des bürgerschaftlichen Engagements aufmerksam zu machen, wollten wir die hierfür vorhandenen Angebote im Stadtteil nutzen und Gemeinschaft erlebbar machen.

Von September bis Dezember 2020 fanden insgesamt 19 Treffen mit WillkommensschülerInnen des CvO Gymnasium statt, bei denen die Jugendlichen mit sehr erfolgreichen Ergebnissen an die geplanten Ziele des Projektes herangeführt wurden. Wir arbeiteten mit Jugendlichen im Alter von 12-16 Jahren mit Flucht- und Migrationshintergrund in Gruppen von 8-12 Teilnehmenden.

In der Nachbarschaft ist das Sprachcafé Polnisch seit einiger Zeit kultureller Anlaufpunkt. Unweit gibt es eine Einrichtung für ältere Menschen. Auf Entdeckungstour durch den Kiez, nach der Schule haben wir die Neuzuwanderern auf Einrichtungen wie diese aufmerksam gemacht. Wir weckten Lust auf Engagement, um in gemeinsamen Projekten mit den Bewohnern aktiv zu werden und die Arbeit in sozialen Einrichtungen kennen zu lernen.

Bei einem ersten Treffen im CvO Gymnasium wurde ein entspanntes Kennenlernen in bekannter Umgebung, mit den Jugendlichen, den Projektinteressierten und der Klassenlehrerin initiiert.Das Projekt wurde vorgestellt und das Sprachcafé Polnisch als möglicher Treffpunkt angeboten. Interessen und Hobbys der Jugendlichen wurden erfragt, Kontaktdaten ausgetauscht, und eine whats app Gruppe erstellt. Ein erster Austausch zu Lieblingsspeisen und Essgewohnheiten wurde interessiert angenommen. Das SCP unweit der Schule wurde im Weiteren als ein geschützter Ort etabliert. In den Räumlichkeiten wurde in Workshopformat mit digitalen Medien wie mit Videos zu vegetarischer und veganer Ernährung gearbeitet und relevante tagesaktuelle, schulalltägliche Themen angeregt diskutiert.

Dabei wurde auch der Hof des Sprachcafés genutzt, um Gemüse zu verarbeiten, gemeinsame Verkostungen zu erleben und um dem Hygienekonzept des Nachbarschaftstreffs gerecht zu werden.
Der Wunsch eines Aufbaus einer Gemüseanzucht wurde in die Altersresidenz und in die Schule getragen, geplant und umgesetzt. Dazu wurden Verantwortlichkeiten aufgeteilt. Die Talente und Stärken der einzelnen Jugendlichen wurden sichtbar und gefördert. Geerntetes Gemüse wurde mit Ware aus dem Supermarkt verglichen und Antworten zu folgenden Fragen gemeinsam erarbeitet:

Wo landen nicht ästhetisch aussehende Produkte? Was sind die Vorteile biodynamischer Anbauweisen ? Was braucht es für eine gesunde Ernährung und Lebensweise ? Welche Vorteile und Auswirkungen hat es vegan oder vegetarisch zu leben im Gegensatz zu Lebensmodellen die den Verbrauch und Verzehr tierischer Produkte beinhalten? Dazu kam es in der Gruppe der Jugendlichen zu Erkenntnissen wie : Gewohnheiten ändern sich schwer. Nicht alles was man gewohnt ist zu essen, tut dem Körper und der Umwelt gut, kann aber trotzdem lecker sein. Geschmäcker ändern sich und damit können sich auch Gewohnheiten ändern, die so einem höheren Wohl, als nur dem Eigenen dienen.

Diese Erkenntnisse weiteten sich nicht nur auf das Wohl von Tieren aus, sondern wurde auch auf die Herkunft und den Anbau von Lebensmitteln in niedrig entwickelten Exportländern und den dort geltenden Arbeitsbedingungen und Vergütungen angewandt. Die Nachteile einer Wegwerfgesellschaft und Alternativen dazu, zur Wiederverwertbarkeit und Recycling, wurden unter anderem beim Upcycling auf der Straße gefundener Aquarien aufgezeigt. Die Aquarien wurden von den Jugendlichen zu Hochbeeten für die Gemüseanzucht umfunktioniert und ausgebaut. Der Besuch im Nonverpackungsladen und eine Müll-Rallye, bei welcher der Müll einer Woche gesammelt und gezeigt wurde, ließ auch hier den eigenen Impact auf die Umwelt klarer werden. „To good to go“, eine App die Lebensmittel rettet und deren kostengünstigen Erwerb ermöglicht, wurde vorgestellt.

Der Aufbau der Gemüseanzucht in der Schule und in der Altersresidenz brachte die erwartete Freude selbst Gesätes zu pflegen, wachsen zu sehen, zu ernten und zu verarbeiten. Die Erfahrung dem Ort der Gemüseanzucht und dem Boden etwas gutes zu tun, Landwirtschaft ohne Schadstoffe zu organisieren, wurde mit dem Besuch und dem know how des geschulten Personals des Weltackers vertieft. Der Weltacker in Pankow

bildet die globale Ernährungslage ab und bietet spielerischen digitalen Umgang mit dem Themen Ernährung und Konsum.

Die Erkenntnisse positiver Auswirkungen einer gesunden Ernährung, einer nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln, der Einfluss des eigenen Konsums und der Haltung zur eigenen Lebensweise konnten reflektiert werden. Alte Vorurteile machten neuen Erkenntnissen zu Genderthemen platz, die bei gemeinsamen handwerklichen Arbeiten, säen, pflanzen, putzen und der Arbeit in der Küche und mit Lebensmitteln reflektiert wurden. Die Mädchen erlebten das Handwerk, arbeiteten mit Säge und Bohrmaschine und erfuhren, wie frei und offen die Berufswahl in Deutschland sein kann. Ein spielerisches Bewegungsprogramm im Park bei Sport, Ballspielen und Tischtennis fand starken Anklang und wurde regelmäßig eingebunden. Es wurde auf Gruppendynamiken und auf Vorurteile beim Sport von Jungen gegenüber Mädchen und umgekehrt eingegangen. In gemütlicher und lockerer Atmosphäre wurde der Wortschatz erweitert und Lernstrategien zum Lesen von Texten und lernen von Vokabeln aufgezeigt.

Die Erfolge und Veränderungen des Projektes durch Covid 19 wurden gemeinsam evaluiert und Werkzeuge zu Feedback und zu einer wohlwollenden Kommunikation gelernt und angewandt. Der Werte schöpfende Ansatz von Generation iTrust, floss dabei in die Arbeit durch die WOOP!E Lernkarten (WOOP!E, Werte-Orientierte Organisations- und Persönlichkeitsentfaltung) ein und diente als Geländer und Grundstruktur desProjektes.

Es gelang im Sprachcafé Polnisch in Zusammenarbeit mit Frau Martina Marqwardt, Lehrerin im CvO Gymnasium, der Leitung der Altersresidenz in der Schulzestraße ein niedrigschwelliges Lernangebot in der Freizeit, in geschützten Räumen anzubieten. Die Kooperation mit dem Carl von Ossietzky Gymnasium und in der Altersresidenz haben maßgeblich dazu beigetragen Jugendlichen aus Willkommensklassen die Anbindung an die Nachbarschaft möglich zu machen und sprachliche und kulturelle Barrieren zu überbrücken. Darüber hinaus konnten wir Möglichkeiten aufzuzeigen, sich sozial- ökologisch zu engagieren. MitdemProjektKiezrebellen”Wefeedtheworld”2020istesgelungeneinen Neuanfang für die Jugendlichen in einem fremden Land ein Stück leichter zu machen.

Durch die Bestimmungen und Regelungen zu Covid19 ab dem 2. November 2020, wurde der Projektverlauf umstrukturiert. Oft wurde in kleineren Gruppen gearbeitet die sich teilweise gleichzeitig im Sprachcafé Polnisch, der Altersresidenz oder im Park trafen und an diesen Orten auch rotieren und die Örtlichkeiten je nach Interesse und Angebot wechseln konnte.

Die ursprünglich gemeinsam geplanten Kochsessions wurden digital neu konzipert und durchgeführt. Die Jugendlichen wurden vertrauter mit den Möglichkeiten einer digitalen Konferenz und die entsprechenden Lernformate wurden hier weitergeführt. Unter Anleitung fanden, anfangs etwas durcheinander und in der Folge immer geordneter, schöne Begegnungen in gemeinsamen digitalen Kochsessions statt, in denen auch über den Schulalltag gesprochen wurde. Hierzu gesellten sich ab dem zweiten Mal auch Erziehungsberechtigte, Erwachsene und Jugendliche aus Lebensgemeinschaften im ländlichen Umland. Die Jugendlichen verabredeten und trafen sich digital , backten gemeinsam Brot und bereiteten schmackhafte Komponenten zu Abendessen, für Ihre Angehörigen, Freunde, Eltern oder Geschwister zu. Der Kontakt zu Jugendlichen und Kindern in Lebensgemeinschaften in das Berliner Umland wird, unter hoffentlich günstigeren Bedingungen, in 2021 vertieft. Wir arbeiten an der Möglichkeit zu gemeinsamen Projektfahrten und organisieren Camps in denen gesellschaftliche Themen und Innovationen für Jugendliche aufbereitet werden sollen – die Future Labs 2021 !

Durch das Vergabeverfahren KALEIDOSKOP 2020 beim Türkischen Bund in Berlin- Brandenburg e.V. wurden Mittel zur Umsetzung dieses Projektes verfügbar gemacht. So konnten ausgebildete Köche, Selbstversorger mit Landwirtschaftserfahrungen und Pädagogen über den Spass an der Produktivität gemeinsam zu säen, zu ernten und zu kochen deutlich machen was für Auswirkungen der Anbau, die Verarbeitung und der Genuss von guten Lebensmitteln auf die Welt und die eigene Gesundheit hat.

Die Finanzierung aus Mitteln der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales | Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten Berlin haben dazu beigetragen dieses Projekt zu ermöglichen und zum erblühen zu bringen!

Projektkoordination

SprachCafe Polnisch: René Fiebig

KulturMarktHalle: Marc Schneider